Das Forschungsprojekt MenoSupportAustria (www.blog.hwr- berlin.de/menosupportaustria) untersucht das Erleben der Wechseljahre im Arbeitskontext. Frauen durchlaufen in den Wechseljahren eine Phase hormoneller Vera?nderungen, die etwa 10 – 15 Jahre dauert und typischerweise in der Lebensmitte beginnt. Diese Hormonumstellung kann zahlreiche ko?rperliche und psychische Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstosrungen und Stimmungsschwankungen hervorrufen. Wie beeinflussen die Wechseljahre die Arbeitsfa?higkeit, Karriere und den Pensionsantritt? Welche Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsfo?rderung ko?nnen Frauen in den Wechseljahren am Arbeitsplatz unterstu?tzen?
Das von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) in Kooperation mit dem Onlineportal Wechselweise durchgefu?hrte Forschungsprojekt „MenoSupportAustria“, das am 4.9.2024 in Wien pra?sentiert wurde, gibt Antwort auf diese Fragen.
Warum Unternehmen die Wechseljahre ernst nehmen sollten
Zwischen Jänner und März 2024 wurden 1720 Arbeitnehmerinnen mit Wohnsitz in O?sterreich befragt, wie sie die Wechseljahre am Arbeitsplatz erleben. Die Online-Befragung wurde von der HWR Berlin zusammen mit dem Wechseljahre-Portal Wechselweise und mit freundlicher Unterstu?tzung der Raiffeisen Capital Management durchgefu?hrt. Die Studie gibt Einblick, wie heimische Unternehmen mit dem noch weitgehend tabuisierten Gesundheitsthema Wechseljahre umgehen und liefert brisante Zahlen.
Die Erhebung zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Frauen am Arbeitsplatz durch Wechselbeschwerden beeintra?chtigt werden – in der betriebsärztlichen Betreuung spielen die Wechseljahre allerdings nur bei 6,5% der Befragten eine Rolle.
* Rund 20,8% der Teilnehmerinnen geben an, auf Grund von Wechseljahresbeschwerden die Arbeitszeit zu reduzieren und
* 14,4% der u?ber 55-Ja?hrigen erwaigen, in Fru?hpension zu gehen oder sind bereits in Fru?hpension.
Die Folge: Unternehmen verlieren berufserfahrene Mitarbeiterinnen, Frauen Lebensqualität und Versicherungsjahre.
„Viele Frauen erleben die Wechseljahre als Karrierebremse. Die Beschwerden, die in dieser Lebensphase auftreten, belasten nicht nur den Arbeitsalltag, sondern beeinflussen oft auch berufliche Entscheidungen. Betriebliche Gesundheitsprogramme für Frauen in den Wechseljahren ko?nnen helfen, diese Nachteile abzufedern und die erfahrenen Mitarbeiterinnen la?nger im Unternehmen zu halten. Angesichts des hohen Fachkra?ftemangels sollten Unternehmen diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken.“, betonen die Studienautorinnen Prof. Dr. Andrea Rumler und Julia Memmert.
„Die Wechseljahre sind kein ausschließlich perso?nliches Thema. Sie haben eine gesamtgesellschaftliche Dimension. Wenn Frauen fru?her in Pension gehen oder ihre Arbeitszeit verku?rzen, weil ihre Bedu?rfnisse in dieser Lebensphase nicht ernst genommen werden, dann schadet das den Unternehmen, und das Risiko fu?r Altersarmut steigt. Dabei ließe sich mit einfachen Maßnahmen viel erreichen. Wechselbeschwerden sind heute gut behandelbar.“, unterstreicht Wechselweise-Gru?nderin Dr. Veronika Pelikan.
Wie Betriebe Frauen unterstützen können
Unternehmen müssen die körperlichen und mentalen Herausforderungen der Wechseljahre für viele Frauen stärker berücksichtigen, um weitreichende Folgen für den Arbeitsmarkt zu vermeiden. Die Forscherinnen untersuchten den aktuellen Umfang betrieblicher Angebote zum Thema Wechseljahre in österreichischen Unternehmen und fragten nach hilfreichen Unterstützungsmöglichkeiten aus Sicht der betroffenen Frauen. An erster Stelle der Wu?nsche steht die Sensibilisierung der Führungskräfte für das Thema Wechseljahre am Arbeitsplatz (72,2%), es folgen flexible Arbeitszeitmodelle (70%) und die Etablierung einer wechseljahresfreundlichen Arbeitskultur (69,1%).
Stichprobe der Befragung
Die Ergebnisse im Überblick
* Online-Befragung von Arbeitnehmerinnen mit Wohnsitz in Österreich
* 1720 Frauen, davon 52,8% Vollzeit- und 40,2% Teilzeitbeschäftigte
* Durchschnittsalter: 52 Jahre
* Erhebungszeitraum: Jänner-März 2024
Wechseljahre und ihre Auswirkungen im Arbeitskontext
Die Wechseljahre stellen eine Zeit großer ko?rperlicher und mentaler Belastung dar. Ein Großteil der befragten Frauen litt an mehreren Wechseljahressymptomen. (Top 5 Nennungen)
* Körperliche und geistige Erschöpfung (92,3%)
* Schlafststörungen (91,5%),
* Reizbarkeit (87,8%),
* Wallungen und Schwitzen (87,5%)
* depressiven Verstimmungen (84,6%).
Am Arbeitsplatz wurden die Frauen insbesondere durch folgende Wechseljahresbeschwerden beeintra?chtigt (Top 5 Nennungen)
* Körperliche und geistige Erscho?pfung (71,4%)
* Schlafstörungen (61,9%)
* Wallungen, Schwitzen (58,5%)
* Reizbarkeit (50,1%)
* Depressive Verstimmung (40,6%)
Die Arbeitsfa?higkeit der von Wechseljahressymptomen betroffen Frauen wurde in folgender Art und Weise beeinflusst
* 66,4% konnten sich weniger gut konzentrieren
* 64,1% fu?hlten sich gestresster
* 45,5% waren ungeduldiger/gereizter gegenüber anderen
* 32,2% hatten weniger Selbstbewusstsein bezüglich ihrer Fähigkeiten
* 29,5% hatten psychische Probleme bei der Ausübung ihrer Tätigkeit
* 25,2% hatte physische Probleme bei der Ausübung ihrer Tätigkeit
Großer Wunsch nach Unterstützungsangeboten, aber Angst vor Stigmatisierung
Mehr als die Hälfte der Befragten (52,8 %) wünscht sich von ihrem Arbeitgeber Unterstützungsangebote zum Thema Wechseljahre. Jede fünfte Befragte befürchtet jedoch, wegen ihrer Wechselbeschwerden benachteiligt zu werden. Auch fühlen sich viele Frauen in den Wechseljahren weniger wertgeschätzt als gleichaltrige ma?nnliche Kollegen und/oder jüngere weibliche Kolleginnen.
* 59,8% der befragten Frauen fühlen sich durch das Umfeld, das ihnen ihr Arbeitgeber bietet, im Prozess der Wechseljahre nicht unterstützt.
* Nur in 14,8% der Fälle gibt es eine offene Kommunikation zum Thema Wechseljahre im Unternehmen.
* Nur in 6,5% der Betriebe gibt es betriebsärztliche Betreuung zu den Wechseljahren.
* Nur 4,1% der Unternehmen der Befragten bieten Informationsangebote zum Thema.
Wechseljahre wirken sich auf Krankmeldungen und Karriereentscheidungen aus
23,1% der Befragten waren auf Grund von Wechseljahresbeschwerden bereits krankgeschrieben. Die Wechseljahre beeinflussten zudem die beruflichen Entscheidungen der Frauen auf folgende Weise:
* 20,8% reduzierten die Arbeitsstunden auf Grund der Beschwerden.
* 15,2% nahmen sich auf Grund der Beschwerden eine berufliche Auszeit.
* 12,5% haben Ihren Arbeitsplatz auf Grund der Wechseljahressymptome gewechselt.
* 8,3% entschieden sich auf Grund der Wechseljahresbeschwerden, früher in den Ruhestand
zu gehen. Bei den u?ber 55-Jährigen steigt dieser Wert auf 14,4%.
Die folgenden Maßnahmen zur Unterstützung während der Wechseljahre durch die Arbeitgeber wurden von den Frauen als hilfreich empfunden (Mehrfachnennungen möglich)
* Sensibilisierung für das Thema Wechseljahre (72,2%)
* Flexible Arbeitszeitmodelle (70%)
* Etablierung einer wechseljahresfreundlichen Arbeitskultur (69,1%)
* Offene Kommunikation zum Thema Wechseljahre (68,1%)
* Sensibilisierung für das Thema Wechseljahre bei den Mitarbeitenden (67,5%)
* Betriebsärztliche Betreuung zum Thema Wechseljahre (64%)
* Sportangebote speziell für Frauen in den Wechseljahren (64%)
* Klimatisierte Arbeitsplätze (62,2%)
* Flexible bzw. bedürfnisorientierte Organisation der Arbeitsaufgaben (62,2%)
* Kurse zu Entspannungstechniken (62,1%)
* Informationsangebote zum Thema Wechseljahre (61,8%)
* Psychologische Betreuung zum Thema Wechseljahre (61,1%)
* Austauschmöglichkeiten mit anderen Frauen im Unternehmen zum Thema Wechseljahre (60,2%)
* Ermo?glichen von Arbeit aus dem Homeoffice (56,7%)
* Besserer Zugang zu Sanitäranlagen und Toilettenartikeln (37,7%)
* Flexible bzw. bedürfnisorientierte Gestaltung der Arbeitskleidung (32,3%).
www.blog.hwr-berlin.de/menosupportaustria.
c Katharina Schiffl